Christian Pentzold

In Medienkommunikation wird Vergangenheit nicht als solche bewahrt, sondern sie wird in wechselnden gegenwärtigen Bezügen rekonstruiert. Die Vergangenheit und ihre mediale Darstellung spiegeln dabei aktuelle persönliche und gesellschaftliche Bedürf- nisse und werden für zukünftige individuelle und gemeinschaftliche Projektionen genutzt. Ohne Erinnern keine Gesellschaft. Vergangenes zu vergegenwärtigen, ist eine wesentliche Leistung und Bedingung von Gesellschaft und von hoher Bedeutung für die Identitätsentwicklung und die soziale Einbettung von Individuen. Im Erinnern werden bestehende Erfahrungen und Wissen, Deutungs- und Handlungsmuster in aktuellen individuellen, sozialen und kulturellen Bezugsrahmen relevant gemacht und realisiert. Medien sind unmittelbar und auf vielfältige Weise der individuellen und kommunikativen Erinnerungsarbeit und dem Tradieren von kulturellem Gedächtnis verbunden. Entsprechend ist der Wandel von Medientechnologien und Kommunikationsformen verknüpft mit den sich verändernden Möglichkeiten, Vergangenheitsbezüge erinnernd herzustellen. Konsequenterweise wurde das mnemo- nische Potenzial einer Vielzahl von Medien untersucht, angefangen bei Keilschrifttafeln bis zur Rolle von Massenmedien wie dem Film, dem Fernsehen oder der Zeitung. In letzter Zeit haben digitale vernetzte Dienste, Technologien und Anwendungen vermehrt das wissenschaftliche Interesse auf sich gezogen. Vor diesem Hintergrund befasst sich das merzWissenschaft-Themenheft mit der Frage, was Erinnern angesichts einer zunehmend von und mit digitalen Mediendiensten und damit verbundenen Möglichkeiten durchdrungenen Gesellschaft bedeutet. Wie wird Erinnern heutzutage praktiziert? Welche Akteure sind daran beteiligt? Welche Inhalte und Themen werden aufgegriffen? Welche Medien(-dienste) werden dafür herangezogen? Unter welchen rechtlichen, pädagogischen, kulturellen und technologischen Bedingungen findet dies statt und welche Implikationen gehen damit einher? Das vollständige Heft kann hier gelesen werden.